Ein Trainer hat nahezu unbegrenzte Möglichkeiten eine Spielform zu gestalten. Sowohl bei der Trainingsplanung als auch bei der Durchführung kann ein Coach an ganz unterschiedlichen Stellschrauben drehen, um das Spiel in eine bestimmte Richtung zu lenken.
Wichtig ist jedoch, dass es diese „bestimmte“ Richtung gibt. Ein Trainer muss exakt wissen, welches Ziel die Ausführung seiner Spielform verfolgt und auch wie er dieses Ziel erreicht. Andernfalls wird die Auswahl der Spielform willkürlich und die Einflussnahme auf das Spielgeschehen ineffektiv.
Parameter einer Spielform
- Teamgrößen
- Zahlenverhältnisse (Überzahl, Unterzahl)
- Taktische Vorgaben
- Regelwerk (mit/ohne Abseits, Kontaktbegrenzungen, Zeitbegrenzungen, …)
- Spieldauer (kurze Intervall mit Pausen oder ohne Unterbrechungen)
- Anzahl, Positionierung und Größe der Tore
- Coaching
- Zoneneinteilungen
- Feldform und -größe
Ein Trainer legt diese aufgezählten Parameter einer Spielform nicht nur fest, er verändert sie gegebenenfalls im Verlauf der Übungsdurchführung auch. Damit kann der Übungsleiter jederzeit Einfluss auf die Spielform nehmen, um bestmögliche Fortschritte in den ausgewählten Trainingsschwerpunkten zu machen – jedoch nur, wenn der Trainer auch weiß, welchen Effekt die Festlegung und die Veränderung dieser Parameter haben.
Größe und Form des Spielfeldes
In diesem Blogbeitrag möchten wir uns mit zwei dieser aufgezählten Stellschrauben genauer auseinandersetzen – der Feldform und der Feldgröße. Wir möchten die beiden Parameter auch deshalb beleuchten, da diese eher selten bewusst genutzt werden, um das Training gezielt zu steuern. Und das obwohl die Feldform und -größe sehr viele Möglichkeiten dafür bieten.
Wie Thomas Tuchel verschiedene Feldformen und -größen zur Trainingssteuerung nutzt
Ein bekannter Trainer, der viel mit variierenden und auch unüblichen Feldformen und -größen trainieren lässt, ist Thomas Tuchel. Er nutzt die Beeinflussung dieser beiden Parameter vor allem aus 2 Gründen.
1.) Um Denkmuster der Spieler aufzubrechen und diese zu verändern, ohne die Akteure dabei aktiv in eine bestimmte Richtung zu coachen.
Minute: 11:54 – 14:43
2.) Um die Spieler durch veränderte Rahmenbedingungen immer wieder vor neue Herausforderungen zu stellen.
Minute: 15:36 – 16:06
Diamantförmige Spielfelder
Tuchel erwähnt in seinem Vortrag auch, dass er bei Mainz 05 diamantförmige Spielfelder nutzte, um diagonale Pässe in die Tiefe zu provozieren und Pässe entlang der Linie zu minimieren.
Bei seiner Erzählung wird auch deutlich, dass Tuchel die sechseckigen Felder vor allem für Spielformen mit klarer Spielrichtung nutzt. Jedoch können diamantförmige Spielfelder auch für Positionsspiele genutzt werden – und zwar auch um diagonale Spielverlagerungen herzustellen.
Positionsspiel in einem diamantförmigen Spielfeld

In diesem Positionsspiel sind die Anspieler so angeordnet, dass sich fast zwangsläufig diagonale Zuspiele ergeben. Wichtig bei dieser Spielform ist, dass sich die Mitspieler im Feld zwischen den Anspielern absetzen. Die Anzahl der Spieler in der Mitte und die Feldgröße kann bei dieser beispielhaften Spielform variabel gestaltet werden.
Welchen Vorteil haben diagonale Zuspiele?
Vertikale Zuspiele | Diagonale Zuspiel |
Es wird Raum gewonnen | Es wird Raum gewonnen und zeitgleich das Spiel verlagert |
Der Passempfänger muss sich geschlossen zur Spielrichtung anbieten | Der Passempfänger kann sich in einer offenen Stellung anbieten |
Kreisförmige Spielfelder

Anders als fast alle üblichen Spielfelder hat ein Feld in Form eines Kreises keine Ecken. Folglich kann der Gegner auch nicht gezielt in diese gedrängt werden, um dort den Ball zu erobern. Zeitgleich kann ein ballbesitzender Spieler an der Seitenlinie aber auch niemals den Pass entlang der Linie spielen. Dies hat den Effekt, dass die Spieler immer wieder den Passweg in die Feldmitte suchen müssen. Das kreisförmige Spielfeld unterbindet also, wie auch das diamantförmige Spielfeld, vertikale Pässe entlang der Linie. Zeitgleich verursacht das Feld in der Form eines Kreises aber auch noch das regelmäßige Spiel durch das Zentrum.
Durch das kreisförmige Spielfeld werden aber nicht nur die Passwege, sondern auch Laufwege beeinflusst. Wenn Außenbahnspieler beispielsweise dazu neigen, immer nur gerade aus in die Tiefe zu starten, kann das runde Feld dieses Verhaltensmuster beeinflussen. Der Flügelspieler startet ganz automatisch in Richtung Tor in die Tiefe und läuft damit auch die Schnittstellen der gegnerischen Verteidiger an.
Dreieckige Spielfelder
Für die ballbesitzenden Teams ist ein Vorteil des kreisförmiges Feldes, dass die Spieler nicht durch die Ecken in ihrer Spielfortsetzung beschränkt werden. In einem rechteckigen Spielfeld hat ein Spieler in einer Ecke nur Passwege innerhalb eines Winkels von 90 Grad zur Verfügung. Demnach sind die Optionen stark eingeschränkt, wenn ein Spieler mit Ball in der Nähe eines Eckpunktes agieren muss.

In einem dreieckigen Feld ist dies Begrenzung in den Ecken noch stärker ausgeprägt. Wird von einem dreieckigen Feld mit gleichlangen Seiten ausgegangen, hat ein Spieler in der Ecke nur Passwege innerhalb eines Winkels von 60 Grad zur Verfügung.
Trainingseffekte eines dreieckigen Spielfeldes – Positionsspiel
- Durch die Feldform werden Passwege in diagonaler Richtung provoziert
- Ballbesitzende Teams lernen den Ball schnell aus den Feldecken raus zu spielen
- Verteidigende Teams lernen den Gegner gezielt in die stark einschränkenden Ecken zu lenken
Spielfelder in der Form einer Sanduhr

Spielfelder in Form einer Sanduhr haben einen gegenteiligen Effekt im Vergleich zu Feldern in Diamantform. Durch den „abgeschnittenen“ Raum auf Höhe der Mittellinie führt das Feld dazu, dass das Spiel in die Tiefe über die Mitte gesucht werden muss. Das sechseckige Feld hat dagegen den Effekt, dass die Tiefe oftmals über die Breite gesucht wird.
Aber die beiden Felder haben auch eine Gemeinsamkeit. Sie führen zu diagonalen Pässen. In Sanduhr-Feldern wird häufig diagonal in das enge Zentrum hinein, aber auch heraus gespielt. In diamantförmigen Spielfeldern wird häufig aus der breiten Position diagonal in die Tiefe gespielt.
Spielfelder mit abgeschnittenen Ecken

Ähnlich wie das diamantförmige Feld bietet ein Spielfeld mit entfernten Ecken viel Raum auf mittlerer Höhe. Durch die „angeschnittenen“ Ecken wird es im letzten Drittel dann etwas enger und das Flügelspiel wird stark unterbunden – Flanken von der Grundlinie sind dann keine realisierbare Option mehr. Die Tiefe muss also durch Pässe ins enge Zentrum oder durch Flanken aus dem Halbraum gesucht werden. Diese Form von Hereingaben ist in aller Regel jedoch sowieso effizienter.

Das Feld mit „abgeschnittenen“ Ecken ist also perfekt dafür geeignet, um ein sehr flügellastiges Spiel zu unterbinden. Die Spieler sind durch die Feldform dazu gezwungen andere Lösungswege für das Spiel im letzten Drittel zu finden.
Lange, schmale und breite, kurze Spielfelder
Bei der Gestaltung eines Spielfeldes kann auch mit dem Verhältnis zwischen der Länge und Breite gespielt werden. Eine Spielform kann beispielsweise in einem sehr langen aber schmalen Feld durchgeführt werden. Dies zwingt die Spieler sehr geradlinig und zügig das Spiel in die Tiefe zu suchen.

Wird ein Feld dagegen sehr breit aber kurz aufgebaut, führt dies auch mal zu einem langwierigen Spielaufbau. Die Teams können sich ihre Gegner durch Verlagerungen in die Breite zurecht legen, um Raum zu gewinnen und dann gezielt die Tiefe zu suchen.
Die Größe der Spielfelder
Es ist in den letzten Jahren ein sehr gängiger Trainingsansatz geworden, Spielformen immer wieder auf sehr kleinen Feldern durchführen zu lassen. Dies zwingt die Spieler dazu, schnell Entscheidungen zu treffen, da der Raum oder auch die Zeit für die Spieler stark eingeschränkt wird.
Ab wann ist ein Spielfeld „klein“ und wann bereits „zu klein“?
Die Zuschreibung „klein“ ist jedoch erstmal sehr relativ und kann bei Trainern ganz unterschiedliche Vorstellungen hervorrufen. Grundsätzliche sollte der Raum aber weder zu stark noch zu schwach beschränkt werden, um das schnelle Handeln der Spieler zu trainieren – es kommt also auf das richtige Maß an „klein“ an.
Wird der Raum in einem zu geringen Maß minimiert, sind die Spieler in ihrer Handlungsschnelligkeit nicht ausreichend gefordert. Der Raum bietet noch zu viel Zeit für das Wahrnehmen und Durchführen von Handlungsoptionen. Ist das Spielfeld jedoch von zu geringer Größe, führt dies eher zu Chaos und es kann kein wirklicher Spielfluss zustande kommen.
Eine Orientierung – Die ideale Feldgröße finden
Spieleranzahl | Kleines Feld | Mittleres Feld |
1 gegen 1 | 10x5m | 12x10m |
2 gegen 2 | 15x10m | 20x15m |
3 gegen 3 | 20x12m | 25x15m |
4 gegen 4 | 24x16m | 30x20m |
5 gegen 5 | 28x20m | 35x25m |
6 gegen 6 | 32x24m | 40x30m |
7 gegen 7 | 36x28m | 50x35m |
Wenn auf engem Raum trainiert werden soll, kann diese Tabelle als grobe Orientierung für die Wahl der Feldgröße behilflich sein – jedoch nur für Spielformen mit klarer Spielrichtung.
Zusätzlich gibt es noch weitere Faktoren, die einen Einfluss auf die „richtige“ Feldgröße haben und daher berücksichtigt werden sollten. Deshalb sind die Werte eher als Anhaltspunkte anstatt als klare Vorgabe anzusehen.
Faktoren, die bei der Festlegung der Feldgröße mit berücksichtigt werden sollten
- Mit oder ohne Abseits
- Kontaktbeschränkungen
- Altersklasse
- Leistungsstand
- Platzverhältnisse
- Unterzahl/Überzahl
Schlussbemerkung: Mut zur Improvisation
Auch wenn die Feldgröße oder auch die Feldform in der Theorie erstmal ideal erscheinen, kann es in der Praxis ganz anders aussehen – die Spieler kommen mit dem begrenzten Raum nicht zurecht, haben auf einem zu großen Spielfeld keinen Zugriff auf den Gegner, finden keine Lösungen, um sich durch das enge Zentrum in einem Spielfeld in der Form einer Sanduhr zu kombinieren, uvm.
In diesen Fällen sollte nicht gezögert, sondern improvisiert werden. Dafür kann zielgerichtet an den anfangs erwähnten Stellschrauben gedreht werden. Eine Übung situativ anzupassen ist auch absolut kein Zeichen von mangelnder Fachkompetenz. Vielmehr ist es eine Qualität, seine Übung auch während des Trainings erfolgreich anpassen zu können.